Rede zur Landtagssitzung am 14. Dezember 2023, TOP 11: Berichtsantrag über die kulturpolitischen Leitlinien der Landesregierung
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
vor ungefähr zehn Jahren habe ich meine erste Rede in diesem Plenarsaal gehalten. Direkt nach der Kollegin Waldinger-Thiering. Die Kulturministerin Anke Spoorendonk hatte grade das „Kulturplenum“ eröffnet. Dr. Martin Lätzel, damals Geschäftsführer des 2013 begonnen Beteiligungsprozesses, hat in den ersten Kulturdialog dieses Landes eingeführt. In der Leitungsgruppe waren, neben der Abgeordneten Waldinger-Thiering, eine weitere Kollegin aus diesem Parlament, die Abgeordnete Beate Raudies. In diesem Plenarsaal saßen damals ungefähr 200 Menschen aus dem ganzen Land: aus Politik, Verwaltung und Kulturszene, aus Haupt- und Ehrenamt. Die Tribüne war gut besetzt, es mussten sogar noch Stühle hereingeholt werden.
An dieser Stelle möchte ich allen, die sich seither in welcher Form auch immer an diesem Prozess beteiligt haben, den Kulturverwaltungen in Land und Kommunen, dem Landeskulturverband, dem Landesmusikrat, der LAG Soziokultur, dem Nordkolleg und noch so vielen mehr ausdrücklich danken. Ohne Sie würde es diese Leitlinien heute nicht geben.
Meine Rede hielt ich selbst damals aus der Perspektive einer Kommunalpolitikerin, als Mitglied eines Kreistages und als Stiftungsrätin einer Kulturstiftung. Besonders aus dieser Ebene gab es damals viel Skepsis und Kritik an dem Kulturdialog: Mit diesem Prozess sei bedauerlicherweise nicht mehr Geld verknüpft. Ich erinnere daran, dass die Haushaltslage damals ähnlich angespannt war, viele Kommunen waren in der Konsolidierung. Mein Landkreis gehörte ebenfalls dazu. Außerdem gebe es keine klar umrissenen Maßnahmen. Die Umsetzung der Ergebnisse sei nicht klar genug skizziert, alles eher „viele schöne Worte“, aber wenig Konkretes.
Nur um es einmal ganz deutlich zu sagen: Ich gehörte damals nicht zu den Kritiker*innen. Trotzdem hatte ich in meiner Rede eine zentrale Frage formuliert, die mich bis heute begleitet: Wie stellen wir Kulturförderung besonders in Zeiten knapper Kassen und angesichts der Maßgabe „freiwilliger kommunaler Leistungen“ auf, wenn uns das Ziel eint, kulturelle Teilhabe im ganzen Land und auf allen politischen Ebenen zu wollen?
Im kulturpolitischen Fachdiskurs wird seit über 20 Jahren über „strategische Kulturentwicklung“ gesprochen. Kulturentwicklung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Kultur- und Kreativwirtschaft sind bedeutende Standort- und Entwicklungsfaktoren für unser Land. „Wir brauchen eine Kulturstrategie für Schleswig-Holstein. Das soll eine politische Zielsetzung dieser Landesregierung sein.“ – so stand es erstmalig im Koalitionsvertrag der Küstenkoalition von 2012. Es war die Geburtsstunde von Kulturknotenpunkten, Kontraktförderung und systematischer Kulturberichterstattung.
Gut, dass Jamaika und die jetzige Landesregierung an diesen Prozess angeknüpft haben. Auch wenn er im Laufe der letzten zehn Jahre immer wieder mal ins Stocken geraten ist: Die großen Linien sind seit 2013 deutlich erkennbar. Damals wie heute waren Transparenz, breite Beteiligung und Ergebnisoffenheit oberstes Gebot. Der Prozess ist im Internetauftritt der Landesregierung nachvollziehbar, für alle, die nicht von der ersten Stunde an dabei waren, aber vielleicht heute noch einsteigen möchten. Und dazu möchte ich an dieser Stelle unbedingt ermuntern. Je breiter die Beteiligung, desto breiter das Fundament.
Zu dem aktuellen Stand des Prozesses haben die Ministerin in ihrem Bericht sowie meine Vorrednerin bereits ausgeführt. Hervorheben möchte ich jedoch die in den letzten zehn Jahren zunehmende Professionalisierung des Prozesses, zuletzt durch das „Netzwerk Kulturberatung“ unter Leitung von Dr. Patrick Föhl. Auf dieser Grundlage können wir nun, nach der Bestandsaufnahme, dem Cultural Mapping, vom Wissen zum Handeln kommen.
Bei der Umsetzung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030, bei allen anstehenden großen gesellschaftlichen Transformationsprozessen der heutigen Zeit spielt der Kultursektor eine zentrale Rolle und übernimmt schon jetzt Verantwortung, wovon ich mich beispielsweise bei meiner politischen Festivaltour zum Thema Nachhaltigkeit im vergangenen Sommer selbst überzeugen konnte.
Auf dem Norden-Festival gibt es von den Bürger*innen gespendetes Porzellangeschirr, auf dem des Catering von den „Resterittern“ vor Ort zubereitet und serviert wird und das dann in der mobilen „Spülbar“ wieder professionell gereinigt und gleich wieder verwendet wird. Das Wacken-Festival beschäftigt ganzjährig eine Nachhaltigkeitsmanagerin, die Lösungen für den anfallenden Müll, eine mobile E-Ladeinfrastruktur und Verbesserung der CO₂-Bilanz des internationalen Festivals sucht.
Ich freue mich sehr, dass die Landesregierung mit den kulturpolitischen Leitlinien diese Verantwortung anerkennt, den unzähligen Best-Practice-Beispielen aus unserem Land Raum gibt und einen verlässlichen Rahmen für Aufbruch und Transformation setzt. Wir gehen damit – ganz im Sinne des Kulturpakts 2030 - Hand in Hand mit den Kommunen einen weiteren Schritt in die richtige Richtung zum inklusiven, klimaneutralen und digitalen Kulturland Schleswig-Holstein.
Vielen Dank!